Auswanderung ist weder neu noch ist sie 'typisch deutsch'. Zu allen Zeiten gab es Migration. Doch meist waren Auswanderung, Landflucht oder Umsiedlung ausgelöst durch Krisen, Engpässe oder gar Kriege.
Die Jahrzehnte nach der Reformation waren voll von politischen Kämpfen und offener Gewalt. Die als Ketzer verfolgten Protestanten mussten ihre alte Heimat verlassen. Auch der Neubeginn brachte nicht immer die ersehnte Ruhe.
Ab 1740 zog es Deutsche nach Osten. Die Siedler gingen nach Russland oder auf den Balkan. Vertrieben wurden sie durch Missernten und Hunger. Dafür lockte fruchtbarer Boden und Sonderrechte... Die Entscheidung fiel leicht.
Eine starke Emigrationswelle schwappte nach dem Dreißigjährigen Krieg aus der Schweiz. Der überbevölkerte kleine Alpenstaat hatte die Alternative direkt vor der Haustür: Die zerstörten, teils menschenleeren Gegenden Im Süden und Südwesten Deutschlands. Die Schweizer bauten das Land wieder auf.
Die Reichsgründung 1871 brachte eine neue Großmacht in der Mitte Europas hervor. Doch es dauerte Jahre, bis es für die Menschen aufwärts ging. Reise ohne Zollgrenzen und den Wirtschafts-Boom
nutzten die Deutschen für sich: Die Eisenbahn brachte sie schnell in die Nordseehäfen. Und von dort nach Amerika. Die Strecke Berlin - Bremerhaven wurde ein Mythos: die Amerika Linie.
Berlin - Bremen - Amerika: die "Amerikalinie"
Die Auswanderer des 19. und 20. Jahrhunderts hatten ein Ziel: die USA. Und sie hatten eine Zugverbindung in Deutschland: die "Amerikalinie".
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts suchten Tausende ihr Glück in der Neuen Welt. Armut, Industrialisierung und politische Kämpfe machten Mitteleuropa - später das Deutsche Reich - unsicher. Wie eine Verheißung klangen da die Berichte von jenseits des Großen Teichs. Amerika. Das Land, in dem alles möglich ist.
Amerika das war:
Russen, Polen, Deutsche machten sich darum auf den Weg. Schon durch die weite Entfernung war klar: es geht um eine Lebensentscheidung. Rückkehr ist so gut wie ausgeschlossen. Und darum muss, wer geht, mit der ganzen Familie auswandern.
Streckenführung:
Die Amerikalinie führte von Berlin über Stendal, Uelzen nach Bremerhaven. Zehntausende Familien verließen auf ihr ab 1873 Deutschland. Sie suchten ihr Glück in den Vereinigten Staaten. Selbst aus Russland, Galizien, Pommern strömten die Auswanderer.
Die letzte Etappe auf deutschem Boden war der Überseehafen am Kolumbus-Kai in Bremerhaven. Noch 1938 passierten täglich bis zu 64 Züge die Strecke. Zu der Zeit allerdings ging es für viele Emigranten ums pure Überleben. Die Flucht aus dem 3. Reich war die letzte Auswanderungswelle auf der Amerikalinie.
Die Strecke war die direkte Ost-West Verbindung im Norden. Sie verbindet Stendal mit der Hansestadt Bremen. Die Amerikalinie entstand als Kernstück einer Direktverbindung Berlins mit den Häfen der Nordsee.
Woher kommt der Name?
Den Namen "Amerikalinie" erhielt die Verbindung, weil auf ihr Züge aus Ost- und Westpreußen, Schlesien, Posen und Pommern nach Bremerhaven fuhren. Und Bremerhaven war das Tor zur Welt nach Amerika.
Eine Ost-West Zugverbindung wurde bereits vor der Reichsgründung begonnen und zwei Jahre danach fertiggestellt. Die Wirtschaft und das Militär drängten darauf. Letzteres, um eine Anbindung Berlins an den Flottenstützpunkt Wilhelmshaven und die Nordsee zu bekommen. Darum wurde die Strecke Ende des 19. Jhd. zweigleisig ausgebaut.
Situation heute:
1999 wurde der Zugverkehr zwischen Salzwedel und Uelzen wieder aufgenommen. Damit wurde die nach 1945 stillgelegte Streckenführung von Berlin an die Nordsee wieder geschlossen. Doch eine Bedeutung wie im 19. Jahrhundert hat die Strecke nicht wieder erlangt.